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Cyberport: Attacke mit besseren Daten und besserem Service

Gepostet in Player1 Monat alt • Geschrieben von Olaf KolbrückKeine Kommentare

Cyberport baut in München einen eigenen E-Commerce Hub auf. Es ist so etwas wie die „Abteilung Attacke“ für den Digital Commerce. Der Auftrag: Technologien der nächsten Generation entwickeln, Anwendungen und Algorithmen bauen, die helfen, das Geschäft besser zu automatisieren. Warum Helmar Hipp, seit September 2015 Geschäftsführer Marketing, Vertrieb und Finanzen bei Cyberport, auf Daten und Technologie schwört, aber längst nicht jedem Hype nachrennt und sich am Ende doch (fast) alles um Service dreht, sagt er im Interview mit etailment.

Cyberport: Attacke mit besseren Daten und besserem Service

Helmar Hipp: Wir wollen den Kunden „happy“, also glücklich machen. (Foto: Cyberport)

Bei der Weiterentwicklung der Omnichannel-Strategie setzen Sie unter anderem auf mehr Insights, bessere Daten und mehr Angebote entlang der Customer Journey. Wo holen Sie den Kunden denn am besten ab?

Helmar Hipp: Wir setzen auf alle Disziplinen des Online-Marketings, Performance-Marketings und Social-Media-Kanäle. Google ist und bleibt einer der wichtigsten Kanäle. Aber selbst der beste Kanal skaliert nicht endlos. Die Conversion Rate – und das ist ja kein Geheimnis – steigt mit der Zahl der Touchpoints. Die Gretchenfrage ist nur immer wieder, wie viele und welche Touchpoints man für eine optimale Customer Journey benötigt. Dabei helfen uns Daten und Tools wie Bidding oder Attributionsmodelle. Wir arbeiten dabei außerdem nach dem Funnel-Modell „See-Think-Do-Care“. Für uns steht also am Ende nicht die Transaktion, sondern „care“ – also die Betreuung des Kunden. Zunächst geht es somit um Sichtbarkeit, dann die Information, dann die eigentliche Transaktion und schließlich geht es darum, sich um den Kunden zu kümmern.

Welche Daten sind denn für Sie Gold wert?

Helmar Hipp: Wer heute im Onlinehandel ist, tut gut daran, als metrics-driven-Company zu agieren. Alles was ich messen kann, hilft mir, mein Geschäft besser zu steuern. Was man nicht messen und bewerten kann, macht es schwer, die richtige Richtung für Cyberport einzuschlagen.

Wie sieht denn der Cyberport-Kunde aus? Welche Personas sind für Sie wichtig?

Helmar Hipp: Den einen klassischen – vielleicht technikverliebten – Cyberport-Kunden gibt es so nicht mehr. Technik und IT findet überall im Leben statt. Aus unserer Marktforschung sind heute Kundentypologien entstanden: Der klassische Beratungs-Kunde, es gibt weiterhin den Schnäppchenjäger, den Experten und den Marken-Fan. Dies sind natürlich Extrem-Positionen, die man aber sowohl im Webshop als auch im Store erkennen kann und für die Entwicklung von Service und Customer Journey nutzen kann. Wir versuchen immer, den jeweiligen Gruppen das passende Serviceverhalten anzubieten, so braucht man einem echten Apple-Fan eben keine andere noch so interessante Marke vorführen.

Wie halten Sie es dabei mit der Software?

Helmar Hipp: In der Regel nutzen wir Standardsysteme, vertrauen aber an bestimmten Stellen dann ergänzend auch auf Eigenentwicklungen.

Cyberport baut in München einen eigenen E-Commerce Hub auf. Dieser soll technologische Expertise sammeln und einsatzfähig machen. Was versprechen Sie sich davon?

Helmar Hipp: Es reicht heute im Online-Geschäft nicht mehr aus, Hygienefaktoren wie Verfügbarkeit, Sortiment und Preis im Griff zu haben. Man muss E-Commerce mehr denn je als Technologie-Business begreifen. In der Technologie und in der Organisation Schritt zu halten, ist extrem anspruchsvoll. Die Innovationskurve im E-Commerce nimmt doch gerade erst richtig Fahrt auf, vor allem auf der Marketing-/Sales-Seite mit der steigenden Anzahl an Devices und Kanälen. Deshalb wollen wir mit einem Team von rund 30 Mitarbeitern die Technologien der nächsten Generation entwickeln, also Anwendungen und Algorithmen bauen, die helfen, unser Geschäft besser zu automatisieren und zu skalieren.

Der Bereich Kundenservice heißt bei Ihnen „Customer Happiness“. Was soll das?

Helmar Hipp: Weil wir so unser Kernziel klarer darstellen: Wir wollen den Kunden „happy“, also glücklich machen. Ein hohes Ziel, gelingt nicht immer perfekt, aber es bleibt unser Anspruch. Bei unserer Positionierung geht es nicht nur um Beratung, wir wollen den persönlichsten Service bieten.

Welche Rolle spielen dabei Facebook, WhatsApp und Live-Chats?

Helmar Hipp: Social Media spielt eine vielfältige Rolle. Es geht natürlich darum, die Marke und ihre Botschaften zu platzieren. Aber es ist auch ein Verkaufskanal, in dem ich passende Produkte für eine relevante Zielgruppe aussteuern kann, zusätzlich und noch bedeutsamer sind sozialen Medien als Service- und Feedbackkanal. Wir bearbeiten diese Kanäle genauso wie einen Anruf bei der Hotline. Auch WhatsApp ist – ebenso wie Web-Chat – für den Service ein ganz natürlicher Kommunikationskanal. Alle Anregungen werden strukturiert erfasst und dann für die Weiterentwicklung von Services ausgewertet.

Ein Service-Mantra der Gegenwart dreht sich um Click & Collect – verbunden mit der Hoffnung auf Zusatzeinkäufe im Laden. Zu Recht?

Helmar Hipp: Das ist tatsächlich so. Die Upselling-Quote, beispielsweise indem der Kunde noch Zubehör kauft, ist höher als im Webshop. Das ist fast schon ein Naturgesetz – denn der Kontakt in einem Cyberport Store ist persönlicher und intensiver als auf einem Webshop. Gute Verkäufer erkennen die vorher genannten Kundentypen und beraten hin zu einer optimalen Lösung. Jeder dritte Click & Collect-Kunde generiert noch Zusatzumsatz über seinen eigentlichen Kauf hinaus.

Service gilt ja als Chance zur Differenzierung. Elemente wie Click & Collect werden aber zunehmend ubiquitär. Wo bleibt dann das eigene Ausrufezeichen? 

Helmar Hipp: Welche Elemente man auch immer hinzufügt, wie innovativ diese auch sein mögen – sie nutzen sich mit der Zeit immer ab. Entscheidend ist daher, dem Kunden ein flexibles Angebot für seine jeweilige Nutzungssituation zu machen. Es kommt also auf das Gesamtpaket an.

Cyberport: Attacke mit besseren Daten und besserem Service

Abholtheke bei Cyberport. (Foto: Cyberport)

Gilt das so auch für Same Day Delivery? Man hat ja längst das Gefühl, dass Pakete selbst ohne taggleiche Lieferung – wie sie Cyperport beispielsweise zusammen mit Tiramizoo bietet –  immer schneller beim Kunden ankommen.  

Helmar Hipp: Das Gefühl, dass der Versand immer schneller werden muss und dass die Kunden dies wünschen, ist auch eine Folge cleveren Marketings mancher Anbieter. Der Standard-Versand von Amazon kommt auch meistens nicht am nächsten Tag. Das ist für die meisten Kunden wohl auch in Ordnung so. Aber das Marketing rund um Same Day Delivery entwickelt eine grundsätzliche Erwartungshaltung beim Kunden, die in vielen Fällen konkret nicht benötigt wird. Allerdings wird sich dies noch ausdifferenzieren. Nach dem Hype wird man feststellen, dass es in manchen Branchen und Zielgruppen mehr oder weniger nachgefragt wird.

Wie haben Sie das organisiert?

Helmar Hipp: Nach der Bestellung im Webshop wird eine Nachricht ausgelöst und es geht sofort eine E-Mail an die Filiale. Wir sind dabei recht stolz darauf, dass die Bestellinformation im Store direkt gesehen wird und das Produkt sofort für den Kunden reserviert wird, damit es nicht plötzlich wegen eines Verkaufs im Store out-of-stock ist. Der Kunde erhält sein Produkt innerhalb von drei Stunden.

Stichwort Amazon: Wie wollen Sie gegen das gewaltige Sortiment punkten?

Helmar Hipp: Sicherlich haben wir mit 45.000 Produkten nicht das größte Sortiment. Aber wir sehen uns ja als „Digital Outfitter“.  Cyberport hat für den Kunden die guten Marken und die richtigen Produkte. Diese Vorauswahl – auch Kuratierung genannt – sehen wir auch als Teil des Cyberport-Service. Viele Kunden sind ja nach einer Produktrecherche im Web völlig überinformiert und oft verwirrt und melden sich dann bei unserer Beratungshotline. Solchen Kunden können wir mit unserer Auswahl und unserer Beratung die Orientierung erleichtern. Gerade bei der Beratung will Cyberport daher im Webshop künftig noch mehr Content-Angebote wie Konfiguratoren oder Tutorials liefern.

Aktuelles Mantra Nummer 2 gilt den Marktplätzen. Cyberport mischt beispielsweise bei eBay mit. Arnd von Wedemeyer von Notebooksbilliger klingt in Interviews immer wenig begeistert von der eigenen Präsenz dort. Sind Sie da optimistischer?

Helmar Hipp: Wir werden sicherlich in den kommenden Jahren weitere Marktplätze nutzen. Aber Marktplätze jedweder Couleur muss ich stets unter der Frage von Sichtbarkeit, Reichweite, Mehrumsatz und auch Sicherheit bewerten. Distributed Commerce wird wichtiger werden. Wir werden also anhand der Daten genau aussteuern, was wir dort wann zu welchem Preis verkaufen und welche Kundentypen wir dort gewinnen können. Das Wichtigste sind uns nachhaltige Kundenbeziehungen, gleichgültig auf welchem Kanal.

Cyberport: Attacke mit besseren Daten und besserem Service


Helmar Hipp

Helmar Hipp ist seit September 2015 Geschäftsführer Marketing, Vertrieb und Finanzen bei Cyberport, einem führenden europäischen Händler von Computertechnik und Unterhaltungselektronik. Zuvor war er als CEO bei der Ifolor-Gruppe tätig. Weitere Stationen waren die Russmedia Gruppe und die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck.
2015 steigerte Cyberport seinen Umsatz um elf Prozent auf 673 Millionen Euro. Insgesamt hat der Onlinehändler 15 Stores in Deutschland und Österreich. Cyberport ist eine Beteiligung der Hubert Burda Media.

etailment Summit

Über das Ende der Pure Player, die Zukunft des Omnichannel und die Digital Commerce-Strategien für Morgen diskutieren wir unter anderem mit Helmar Hipp von Cyberport auf dem etailment Summit am 29. September 2016 im Kap Europa in Frankfurt.

 

Diesen Beitrag haben wir von etailment.de übernommen.

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