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Marktforschung per App bringt Transparenz in den stationären Handel

Gepostet in Marketing1 Woche alt • Geschrieben von RedaktionKeine Kommentare

Dominic Blank, Gründer und Geschäftsführer von POSpulse, zeigt in einem Gastkommentar, wie Crowd-Sourcing Echtzeit-Informationen zu Produktpräsentation und Verbraucherwahrnehmung im stationären Handel liefert.

Dominic Blank ist Gründer und Geschäftsführer von POSpulse. (Foto: POSpulse)

Dominic Blank ist Gründer und Geschäftsführer von POSpulse. (Foto: POSpulse)

Obwohl 70 Prozent aller Kaufentscheidungen direkt am Point of Sale (POS) fallen, stellt dieser „First Moment of Truth“ für Händler und Hersteller nach wie vor eine Blackbox dar. Digitale Marktforschung per Smartphone ermöglicht Echtzeit-Analysen entlang der gesamten Customer Decision Journey und liefert dem Offline-handel Informationen, die bislang der Konkurrenz aus dem E-Commerce vorbehalten waren.

Mit immer innovativeren Geschäftsmodellen greifen Online-Shops den stationären Handel an und stoßen selbst in Warengruppen vor, die bislang als typische Offline-Kategorien galten. Amazon beispielsweise setzt den Lebensmittel- und Drogeriemärkten gleich mit zwei Lösungen zu: Über die App Amazon Prime Now können unter anderem Lebensmittel und Getränke, zumindest in den Großstädten Berlin und München, innerhalb einer Stunde nach Hause bestellt werden. Mit Amazon Dash werden Verbrauchsartikel wie Klopapier und Waschmittel über einen Knopf direkt aus dem Badezimmer gesteuert. Zalando wiederum bietet mit dem Online-Dienst Zalon seit letztem Jahr eine persönliche Stil- und Einkaufsberatung an und macht damit dem Verkaufspersonal in Modehäusern Konkurrenz. Amazon und Zalando sind nur einige Beispiele für neue Online-Lösungen, die innerhalb kürzester Zeit auf den Markt kommen. Der stationäre Handel tut sich dagegen noch immer schwer mit innovativen Konzepten. Auch bei der Umsetzung von Self-Scanning oder weiteren digitalen Technologien wie Virtual Reality hinkt der deutsche Handel bisher hinterher. Woran hakt es bei der Innovation im stationären Handel? Und umgekehrt: Warum fällt es Online-Shops leichter, Konsumenten über neue Wege zu erreichen?

Ein großes Problem von Herstellern und stationären Händlern ist die mangelnde Transparenz beim Kaufprozess. Rewe oder die Metro Group können über Scannerzahlen zwar genau nachverfolgen, wie sich bestimmte Artikel verkaufen. Das „Warum“ hinter der Kaufentscheidung des Kunden bleibt aber häufig im Dunkeln. Online-Hersteller haben hier ganz andere Möglichkeiten. Mithilfe von Website-Analytics und A/B-Testing sieht ein Online-Shop genau, was typische Customer Journeys sind und wie sich bestimmte Veränderungen auf die Conversion auswirken. Markenartikelhersteller erhalten Indikatoren wie Absatz- und Umsatzzahlen sowie Informationen zur Käuferschaft hingegen erst Wochen später. Damit entfällt die Möglichkeit, direkt in eine laufende Kampagne einzugreifen und Anpassungen vorzunehmen. Doch selbst, wenn diese Daten sofort verfügbar wären, könnten Händler und Hersteller keine konkreten Maßnahmen ableiten, weil ihnen die Gründe für sich schlecht verkaufende Produkte oder Promotion-Aktionen fehlen. Meistens wissen sie nicht einmal wie die Produkte oder Services im Geschäft präsentiert sind. Wie kann die Online-Transparenz auch in den stationären Handel gebracht werden?

Der Konsument wird durch Crowd-Sourcing zum mobilen Marktforscher

Hier setzt die App-basierte Marktforschung an. Sie bedient sich dabei eines smarten Tricks und greift auf bereits bestehende „Quellen“ zurück: den Shopper und sein Smartphone. Diese, oft auch als „Crowd-Sourcing“ bezeichnete Methode, lagert Einzelaufgaben über digitale Geräte an eine Personengruppe – die Crowd – aus. Im Falle der Marktforschung am POS dient das Smartphone als Schnittstelle. Per App erhalten Verbraucher verschiedene Marktforschungsaufträge, die sie mobil noch während ihres Einkaufs, der Shopper Journey, bearbeiten und dadurch elementare Informationen direkt aus dem stationären Handel übermitteln.

Ein Beispiel: Ein Hersteller möchte wissen, wie sein neues Produkt platziert und wahrgenommen wird. Gemeinsam mit dem Auftraggeber werden Zielgruppe und die zu überprüfenden Händler und Filialen festgelegt. Je nachdem, welche Aspekte des Einkaufs den Kunden interessieren, werden die Fragen und Aufgaben als mobiler Marktforschungsauftrag programmiert und für die Crowd zur Durchführung freigegeben. Mithilfe von GPS wird dabei sichergestellt, dass sich der Konsument im richtigen Geschäft befindet. Sobald dieser am POS „eingecheckt“ hat, wird er über eine App Schritt für Schritt durch die verschiedenen Aufgaben gelotst. Er beantwortet Fragen zum Produkt und der Platzierung, macht Bilder oder lässt sich probeweise beraten. Je nach Auftragslänge und Anbieter erhalten die Teilnehmer dafür eine Vergütung – in der Regel ein Betrag zwischen 1 und 20 Euro.

Dabei ermöglicht die digitale Marktforschung nicht nur direkte Einblicke in das Kaufverhalten und die Kundenwahrnehmung. Auch generelle Einkaufsgewohnheiten, Produkt- oder Markenpräferenzen und allgemeine Einstellungen der Shopper lassen sich auf diese Weise in kürzester Zeit ermitteln.

Die Crowd übermittelt Daten direkt vom POS. (Foto: POSpulse)

Die Crowd übermittelt Daten direkt vom POS. (Foto: POSpulse)

Deutsche Shopper mögen es digital – auch im Offline-Handel

So zeigt beispielsweise eine Studie des digitalen Marktforschungsunternehmens POSpulse: Deutsche Verbraucher sind gegenüber digitalen Lösungen am POS offener als vermutet. Demnach wünschen sich 72 Prozent der Befragten Self-Scanning in sämtlichen Supermärkten. Auch Mobile Payment stößt auf Interesse: 40 Prozent können sich vorstellen, per Smartphone zu bezahlen. Aber nicht nur funktionale Lösungen sprechen die Shopper an. Eine aktuelle, gemeinsam mit der Location Based Marketing Association (LBMA) durchgeführte Studie belegt, dass Technologien, die auf das Einkaufserlebnis einzahlen, sehr willkommen sind.
94 Prozent haben Virtual Reality im Handel bereits getestet oder würden es gerne ausprobieren. Auch digitale Umkleidekabinen stoßen auf großes Interesse. Jedoch zeigt die Untersuchung auch, dass diese Lösungen am POS noch kaum verbreitet sind. Bislang scheuen sich Händler davor, große Investitionen zu tätigen, ohne konkrete Aussichten auf Erfolg zu haben.

Dieser auf Vorsicht bedachten Haltung kommt crowd-basierte Marktforschung entgegen. Indem Technologien zum Beispiel in Flag-Ship-Stores mittels realer Shopper innerhalb weniger Tage getestet werden, kann das Potenzial einer digitalen Lösung direkt erkannt beziehungsweise mithilfe des Konsumenten-Feedbacks sofort optimiert werden. Somit kann die digitale Marktforschung nicht nur den Informationsrückstand des stationären Handels gegenüber dem E-Commerce wettmachen. Auch das Potenzial zukünftiger Investitionen lässt sich vorab einschätzen – das spart nicht nur Zeit, sondern auch bares Geld.

Über den Autor

Dominic Blank ist Gründer und Geschäftsführer von POSpulse. Vor POSpulse schloss Blank sein MBA Studium an der University of Illinois at Chicago mit Fokus auf Unternehmertum ab. Während seiner Zeit in den USA durchlief er verschiedene Lean-Startup- und Design-Thinking-Programme und war an mehreren Startup-Gründungen beteiligt. Dominic Blank begann seine Karriere als Account Manager bei Siemens.

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