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P&G und Dollar Shave Club: Warum der Milliarden-Deal so wegweisend ist

Gepostet in News5 Tagen alt • Geschrieben von Olaf KolbrückKeine Kommentare
Gillettes Rasierapparat-Patent vom 15. November 1904

Gillettes Rasierapparat-Patent vom 15. November 1904

Es war die scheinbar wahnwitzigste Meldung der Woche. Der Konsumgüterriese Procter & Gamble zahlt eine Milliarde Dollar für den Abo-Anbieter Dollar Shave Club. Der macht gerade einmal 200 Millionen Dollar Umsatz. Die Übernahme des Rasierklingen-Startups sieht da ein wenig aus, wie die Erfindung des Nassrasierers mit 12 Klingen. Doch der Wahnwitz hat Methode und zeigt, wie sehr Konsumgüter-Giganten durch den digitalen Wandel und den Digital Commerce unter Druck geraten.

Natürlich kauft P&G damit einen zumindest für den US-Raum gefährlichen Konkurrenten von Markt weg. Dollar Shave Club, der Rasierklingen und Pflegeprodukte im Abo vertreibt, ist mit 3,2 Millionen Mitgliedern der Platzhirsch in einem in den USA lukrativen Markt. Beobachter schätzen den Marktanteil von Online-Abomodellen auf zehn Prozent. Laut Euromonitor entfallen fünf Prozent des nordamerikanischen Marktes für Rasierklingen dabei auf Dollar Shave Club. Das ist nach Umsatz gerechnet. Studien, die auf Stückzahlen schauen, gehen von einem Marktanteil bis zu 15 Prozent aus.

Wissen muss man auch: P&G hat für seine Tochter auch den Gillette Shave Club mit eigenen Abo-Angeboten an den Start gebracht. Warum also den kleinen Konkurrenten nicht einfach per Marktmacht erdrücken? Gillette hat schließlich einen Marktanteil von rund 70 Prozent – weltweit. Weil es im Web im Zeitalter der Disruption um neue Wege zum Kunden geht, um einen Wandel, der von innen heraus kaum zu leisten ist – ohne dabei bestehende Handelspartnerschaften zu beschädigen.

P&G ist so etwas wie der Jackpot für Werbeagenturen. Große Marken, gewaltige Werbeetats (acht Milliarden Dollar), große TV-Kampagnen. In Zeiten von Netflix und Amazon Video aber spielt TV-Werbung immer weniger eine Rolle. Es braucht neue Wege, um Kunden an die Marke zu binden und über neue Produkte zu informieren. Abo-Dienste sind da ein gutes Vehikel für das Marketing. Außerdem können sie Geld einspielen. Der deutsche Beauty-Abo-Dienst Glossybox ist beispielsweise eines der wenigen profitablen Startups aus dem Rocket-Internet-Imperium.

Dollar Shave Club hat dem Riesen gezeigt, das jederzeit eine kleine Firma plötzlich den Markt umkrempeln kann und Top-Produkten mit ausgeklügelter Technik, mit gigantischer Verbreitung und Riesen-Werbeetats plötzlich ein sattes Stück vom Kuchen stibitzen kann:  Mit knackigen Preisen, frecher Positionierung und einer einfachen und bequemen Distribution.

Der Kampf um den Regalplatz im Handel ist eine endlose Geld- und Materialschlacht, eine die durch den Onlinehandel nicht leichter wird. Markenhersteller haben seit jeher kaum einen Versuch ausgelassen, sich hier zu emanzipieren. Eigene Abo-Dienste sind ein guter Weg den digitalen Kunden abzuholen – und zu behalten und sich dabei auch von den Abo-Angeboten via Amazon frei zu strampeln.

Hinzu kommt: der Hersteller bekommt über seinen eigenen Abo-Dienst auch den direkten Kundenkontakt, ohne dass Google, Amazon oder ein Wal-Mart (oder Rewe) dazwischen funken.

Recht freizügig gesteht denn auch CEO Paul Polman, dass das Abo-Modell  auf andere Marken übertragen werden soll. Übrigens während zeitgleich Konkurrent Unilever ein Abo-Modell für sein Waschmittel Tide ankündigt.

P&G und Dollar Shave Club: Warum der Milliarden-Deal so wegweisend ist

Eine der Lehren von Dollar Shave Club ist also, dass es da draußen genügend Kunden geben könnte, die nicht mehr für neue Inhaltstoffe, neue Mischungen und die nächste Pflege-Evolution von Pampers über Ariel  bis zu Wella zu interessieren sind, wenn ein Anbieter ein qualitativ ordentliches Produkt zu einem attraktiven Preis bietet und dann vor allem mit der heutzutage immer mehr gefragter Bequemlichkeit punktet.

Kunden, die man schleunigst an sich binden muss, bevor es zu spät ist. Weil sie vor lauter Bequemlichkeit gar nicht mehr hinhören, nicht mehr hinhören müssen. Abo sei Dank. Oder dem Dash-Button-Konzept von Amazon, wenn der Bestellknopf selbstständig die Entscheidung trifft, wann Nachschub bestellt werden muss. Wozu dann noch Werbung?

„Denk nie mehr an Waschmittel”, wirbt Unilever für seinen Tide-Club. Für den Kunden klingt das gut. Für alle Mitbewerber wie die größtmöglich denkbare Bedrohung.

 

 

Diesen Beitrag haben wir von etailment.de übernommen.

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