Digitalisierung beschert Payment-Sektor eine Vielzahl an neuen Optionen
Welche Vorteile birgt die größer werdende Auswahl an Möglichkeiten der Bezahlung für Händler? Und wo liegen die Vorteile für den Konsumenten? www.etailment.at hat bei Payment-Experten nachgefragt.
„Bezahlen sehe ich wie ein Betriebssystem. Es ist Teil des Einkaufsvorgangs. Wirklich sinnvoll wird es – aus meiner Sicht – in Kombination mit Services, die einen Mehrwert bieten.“ Alexander Oswald, Managing Partner des Consulters Futura, stellt sich so das perfekte Payment-Service vor. So wäre es für viele Kunden hilfreich, beim Betreten des Geschäfts Hinweise auf passende Angebote oder individuelle Promotions zu bekommen. Darüber hinaus können Einkaufslisten, die teilweise automatisiert erstellt wurden, helfen, Einkäufe schneller zu erledigen. „Sollte ich unerwartet doch mal keine Zeit haben, kann ich die Einkaufsliste in eine Onlinebestellung umwandeln“, so Oswald, der diese Idee weiterspinnt: „Manches, wie Waschmittel oder Reinigungsmittel, kann man doch endlich in ein Abosystem für Kunden umbauen.“ Somit könnten neue Komfortlösungen für den Konsumenten geschaffen werden. Durch solche Vorteile können sich Händler von-einander abheben. „Hier sind Onlinehändler oft schon weiter“, wie Oswald meint. „Händler können sich durch Services stark differenzieren – das scheinen viele aus dem stationären Handel noch nicht genug am ‚Radar‘ zu haben“, wie der Payment-Experte erklärt. Oswald führt weiter aus: „Bessere Kundenbetreuung, individuelle Kommunikation und nutzenorientierte Lösungen waren schon immer ein Unterscheidungsmerkmal. Nun können wir all diese Schritte bereits digitalisieren und in eine neue, gemeinsame Lösung bringen.“
E-Commerce als Ökosystem
Ein richtiges E-Commerce-Ökosystem bietet etwa der chinesische Messenger WeChat an: Hier können sich Kunden per Chatbot beraten lassen, nur mit Wallet bezahlen und auch Händler eigene Onlineshops innerhalb des Messengers erstellen. Auch Facebook arbeitet an gleichwertigen Systemen. Produkte, die man dann nicht im Onlineshop findet, können über den Messenger per Kundendienst bestellt werden. „Tempo wird ein wesentliches Kriterium sein“, so Oswald. Vorteile sieht er auch in der „jederzeit und überall möglichen Kommunikation mit Unternehmen über den Facebook Messenger und Smartphone“. Eine Vielzahl neuer Payment-Lösungen drängt derzeit auf den Markt. Für Oswald kommen damit auf die Händler auch einige Herausforderungen zu: „Vor allem für Händler bedeutet Mobile Payment deutlich mehr Aufwand, ohne dass Kunden deswegen mehr einkaufen – also mehr Umsatz generiert wird. Klar wäre es schön, wenn man gar keine Geldbörse mehr benötigt, aber nicht alle Konsumenten sind affin oder schon bereit.“
Vielfalt bringt Vorteile für alle Beteiligten
Das von Oswald angesprochene Betriebssystem beim Bezahlen wurde bei Blue Code bereits in Teilen umgesetzt. Die Bezahlmethode von Secure Payment Technologies basiert auf dem Scannen eines Codes, der bei jedem Einkauf am Smartphone generiert wird. Hervis als Partner des Unternehmens bietet etwa den „1 Scan Checkout“ an, womit Zahlung und Kundenkarte gleichzeitig am Terminal abgewickelt werden. „Den zukünftigen Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Es lassen sich so auch in einem Scan Promotion-Coupons oder Stempelkarten abwickeln“, sagt Christian Pirkner, Vorstand BC Capital und Leadinvestor bei Blue Code. Für eine Ausweitung des Systems ist man aktiv mit dem Handel im Austausch. Das Angebot von Blue Code richtet sich nach Aussage Pirkners an Kunden, die „mobile first“ denken. Derzeit ist der Payment-Markt stark umkämpft, Pirkner sieht dies als einen Vorteil: „Je mehr über Mobile Payment gesprochen wird, desto besser ist es für uns alle. Es spornt nicht bloß uns Entwickler an, die Leistungen und Vorteile noch weiter zu verbessern, sondern sorgt auch dafür, dass sich noch mehr Österreicher mit den Möglichkeiten des Mobile Payments beschäftigen. Durchsetzen wird sich jene Lösung, die für alle Seiten den besten Service liefert.“
Risikomanagement: Hindernis für Kleine
payolution bietet mit seiner White-Label-Lösung die Zahlungsarten „Kauf auf Rechnung“, „Ratenzahlung“, „Monatsrechnung“ und „Lastschrift“ an. Der Kauf auf Rechnung ist bei den Onlinekunden in Österreich eine der beliebtesten Zahlungsformen, viele Onlinehändler greifen darauf aber immer noch nicht zurück. Bernhard Linemayr, CEO payolution, sieht vor allem drei Gründe als ausschlaggebend an. „Ein erstes Hindernis ist die mangelnde Liquidität“, so Linemayr, da die Händler die Kunden vorfinanzieren müssen. Dies ist für viele Händler nicht möglich. Linemayr nennt noch einen weiteren Grund: „Zudem fehlt es meist an Risikomanagement. Ohne Risikoprüfung oder die Anbindung von Partnern ist es schwer, die Ausfälle im Rahmen zu halten.“ Drittens stellt die operative Komplexität ein Hindernis dar, Mahnwesen, Zahlungszuordnung oder Inkassopartner bringen einen enormen Aufwand mit sich. Mit seiner White-Label-Lösung will payolution „den Händler in den Vordergrund stellen“, so Linemayr. Technologien wie Smartwatches stehen für ihn „in keinem Widerspruch zu den klassischen Bezahlarten“. Der CEO betont: „Das User Interface solch reduzierter Geräte bietet sich besonders für einfache Formen wie etwa Kauf auf Rechnung an.“ Neben dem D-A-CH-Raum ist payolution nun auch in den Niederlanden aktiv. Aufgrund seiner internationalen Ausrichtung agiert das Unternehmen je nach Konsumentenverhalten und Rechtslage. Kulturelle Unterschiede können beim Payment ebenfalls entscheidend sein. Linemayr nennt ein paar Beispiele: „In der Schweiz bezahlt man in Onlineshops am liebsten am Monatsende. Im Gegensatz dazu bevorzugen Deutsche wiederum die Lastschrift stärker als Zahlungsmethode. Und in Österreich ist man zwar in Sachen SEPA besser von den Banken informiert als in Deutschland, allerdings zieht man hier die klassische Rechnung der Lastschrift deutlich vor.“ Eine Bonitätsprüfung wird von payolution direkt in Echtzeit durchgeführt. „Wir haben unsere eigene, hochperformante Engine im Haus entwickelt und sind sehr stolz darauf. Auf Basis vieler Parameter haben wir schon eine Entscheidung getroffen, sobald die nächste Seite im Shop geladen ist“, so Linemayr. Dabei gleicht keine Prüfung der anderen, wie der CEO von payolution klarmacht: „Unsere Engine stellt die nötigen Parameter für jede Transaktion individuell zusammen und wertet sie aus.“
Bitcoin dezentralisiert die Geldpolitik
Daniel Pichler ist beim Expertennetzwerk Bitcoin Austria als Member of the Board tätig. Die Kryptowährung ist, wie Pichler erklärt, „ein Protokoll, das wie das Internet selbst keinen unmittelbaren allmächtigen Mittelsmann hat“. Dass es teilweise noch Skepsis gegenüber Bitcoin gibt, sieht Pichler gelassen. Gleiche Argumente gab es damals auch beim Internet, wie er betont: „Der Staat hat durch das Internet die Macht verloren, über Medien wie den Fernseher und das Radio einseitig Propaganda zu betreiben und Einfluss auf die Bevölkerung zu nehmen. Bitcoin wird das Gleiche für die Geldpolitik von Staaten tun, was auch weiterhin die Staaten nicht gefährden, sondern zum Besseren ändern wird.“ Bei Bitcoin fehlt die Zentralbank als Kontrollinstanz. Für Pichler kann der Staat aber sowieso nur teilweise eingreifen. „Viele Staaten hatten in ihrer Geschichte einen oder mehrere komplette Entwertungen ihrer nationalen Währung. Ich bevorzuge hier lieber eine Schwankung gegenüber einer totalen Entwertung, weswegen ich glaube, dass sich supranationale, dezentrale Währungen gerade in risikoreichen Staaten durchsetzen werden.“ Eine Währung, die mehr Vertrauen genießt, ist laut Pichler weniger von Schwankungen betroffen, wovon auch Bitcoin in den vergangenen Jahren profitiert hat. Beim Bezahlen mit Blockchain-Systemen, so auch bei Bitcoin, fallen laut Pichler sogenannte Transaktionsgebühren an, die der Erhaltung des Netzwerks dienen. Bei der schnellstmöglichen Übertragungszeit von zehn Minuten beläuft sich der Betrag auf aktuell 0,14 US-Dollar. Zur Vorsicht mahnt Pichler dabei, an wen man seine Bitcoins schickt: „Ähnlich wie bei Bargeld ist es in den meisten Fällen weg, wenn man es der falschen unbekannten Person in die Hände gibt.“ Jedoch ist es bei Geschäften mit Unbekannten möglich, sich einen Treuhänder auszusuchen, der für eine kleine Gebühr dieses Risiko minimiert.
Internet of Things verändert Payment
Dass der Kunde bei der Vielzahl an heute angebotenen Formen überfordert sein kann, glaubt Kurt Tojner, Country Manager Österreich Visa, nicht: „Der Komfort steigt sogar. Kunden können sich die Art des Bezahlens aus einer Vielzahl an Möglichkeiten aussuchen. Je nach Wunsch und Bedürfnis kann eine geeignete, bequeme und schnelle Bezahllösung gefunden werden.“ Kontaktlose Transaktionen liegen laut Tojner im Trend, derzeit gibt es in etwa 830.000 Kontaktloskarten in Österreich, rund die Hälfte aller Bezahlterminals unterstützt diese Technologie. „Tendenz steigend“, wie Tojner betont. Immer mehr Alltagsgegenstände dienen auch der Bezahlung. So hat Visa beispielsweise die Olympioniken des US-Teams 2016 in Rio de Janeiro mit NFC-Ringen ausgestattet. Für Tojner „soll der Ring das Symbol der Olympischen Ringe widerspiegeln“. Ein weiteres aktuelles Beispiel für den Gebrauch von Wearables ist die Kooperation von Visa mit Swatch für das Modell „Bellamy“. Die Uhr mit Kontaktlosfunktion ist derzeit in Brasilien und der Schweiz erhältlich und ermöglicht die Bezahlung an Terminals. Die Smartwatch kann mit Finanzmitteln aufgeladen werden, das Bankkonto ist somit bei Verlust der Uhr geschützt.
Traditionelle Banken folgen dieser Entwicklung. Erst vor Kurzem hat etwa die Erste Bank NFC-Sticker und Armband gelauncht. Auch die Raiffeisen Zentralbank Österreich pusht die Kontaktloszahlung mittels der Testimonials Hermann Maier und Marcel Hirscher in einer aktuellen TV-Kampagne. Hannes Cizek, Leiter Digital Banking & Innovation Management der Raiffeisen Zentralbank Österreich und Programm-Management „Digitale Regionalbank“, erklärt, warum die Kampagne gerade jetzt on air gegangen ist: „Wir bieten schon länger die Möglichkeit an, mittels NFC zu bezahlen. Die Kampagne haben wir bewusst zu einem Zeitpunkt gestartet, zu dem bereits alle Bankkarten mit diesem Feature ausgestattet sind, die Abdeckung mit NFC-Terminals in Supermärkten, Restaurants und Geschäften bereits sehr hoch ist und auch die Mobilfunkanbieter mit NFC-fähigen SIM-Karten nachgezogen haben.“ Zahlfähige Alltagsgegenstände sind derzeit noch kein Thema. „Wir beobachten diese Entwicklung und prüfen, ob wir mit einem solchen Angebot unseren Kunden einen zusätzlichen Mehrwert bieten können“, so Cizek.
Erfahrung trifft jungen Gründergeist
Stärkere Zusammenarbeit mit Startups soll es künftig auch bei der Raiffeisen Bank Österreich geben. Cizek dazu: „Im Rahmen der Initiative ‚Innovation to Company‘ sind wir derzeit auch auf der Suche nach einem Fintech-Startup, mit dem wir im Bereich Zahlungsverkehr kooperieren wollen. Derzeit befinden wir uns in der Screening-Phase und prüfen, welche Lösungen für uns passen.“ Auch Player wie MasterCard forcieren die Arbeit mit jungen Unternehmen im Finanzbereich. Mit Start Path hat man eine eigene Plattform ins Leben gerufen, die interessanten Unternehmen Zugang „zu unserer Technologie, unseren MasterCard-Labs und unserem Netzwerk an Partnern ermöglicht“, wie Gerald Gruber, Country Manager Austria MasterCard, erklärt. Visa verfügt ebenfalls über seinen eigenen Innovation-Hub. Das Visa Europe Collab an den Standorten London, Tel Aviv und Berlin forciert die Zusammenarbeit mit Startups und neuen Technologieunternehmen.
Banking künftig primär via Handy?
Ein heimisches Startup, das den großen Sprung im Fintech-Sektor schon geschafft hat, ist sicherlich Number26 – erst vor Kurzem hat sich das Unternehmen in N26 umbenannt. Laut CEO und Mitgründer Valentin Stalf hat sich die Abkürzung bereits in Presse und Social Media seit Längerem etabliert. Und, so Stalf: „Da N26 auch internationaler ist, haben wir bereits Anfang des Jahres Umfragen in unseren aktiven sowie potenziellen zukünftigen Märkten gemacht.“ Eine weitaus größere Veränderung stand dem Startup durch den Erwerb der Banklizenz ins Haus. „Der Prozess hat sehr gut funktioniert. Wir haben im Zuge dessen auch unser Geschäftsführungsteam um das notwendige Know-how insbesondere im regulatorischen Bereich und auf der Risikomanagement-Seite erweitert“, wie Stalf erklärt. Er betont: „Wir sind davon überzeugt, dass das Smartphone die Bankfiliale der Zukunft ist.“ Mit seiner mobilen Version des Bankings verzichtet N26 auf stationäre Filialen, das Geschäftsmodell baut auf den Kostenvorteilen auf, die dadurch entstehen. „Wir verändern Banking im Kern“, ist sich der CEO sicher, mit wenigen Klicks können die User in der App alle Finanzen regeln, „von Kreditprodukten zu Anlageprodukten bis hin zu Versicherungen“. Die Zielgruppe von N26 sind Digital Natives.
Ähnlich wie bei Facebook oder WhatsApp wird auch die ältere Generation nachziehen, ist sich Stalf sicher: „Diese Entwicklung nehmen wir auch bei N26 wahr.“ Kooperation mit dem stationären Handel scheut N26 dennoch nicht. Das Startup arbeitet bei Cash26 mit mehr als 6.000 Einzelhändlern in Deutschland zusammen. Stalf dazu: „Wir nutzen diese als Geldeinzahlungs- sowie Auszahlungsstelle, ohne die Kosten dahinter tragen zu müssen.“ Zwei Gründer von N26, Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal, stammen ursprünglich aus Wien, ansässig ist das Unternehmen jedoch in Berlin. Grund dafür war laut Stalf die Vielzahl an Talenten in Deutschlands Hauptstadt: „Leute aus der ganzen Welt ziehen nach Berlin.“ Auch der „gute Zugang zu Investoren“ war entscheidend. „In Österreich tut sich einiges, aber es ist sicher noch ein längerer Weg“, wie Stalf erklärt.
Die Banken müssen reagieren
Dass die traditionellen Banken durch Startups wie N26 verschwinden werden, hält Gruber von MasterCard für wenig realistisch: „Der Abgesang auf die etablierten Retailbanken ist zwar zurzeit sehr populär, aber meiner Einschätzung nach nicht zwingend gerechtfertigt.“ Banken werden laut Gruber auf jeden Fall auf aktuelle Entwicklungen reagieren müssen: „Am Ende des Tages geht es aber um das Vertrauen der Kunden, die Fähigkeit, zu skalieren, und einen effizienten Betrieb in einem sehr stark regulierten Umfeld.“ Hier hätten neue Marktteilnehmer genauso wie etablierte Player ihre Herausforderungen zu bewältigen. Gruber: „Die Frage ist nur, wie gut und rasch man damit umgehen kann.“
Nötige Sicherheitsstandards
Roland Giersig, Sicherheitsexperte und Vizepräsident der Digital Society, gibt Aufschluss über die Sicherheitsstandards und -risiken der einzelnen Bezahlformen. „Aus Konsumentensicht ist das Bargeld bei kleinen Summen sicherheitsmäßig weit vorne mit dabei“, so Giersig, aber „nicht, weil es per se sicherer ist, sondern weil wir sicherer damit umgehen“. Bei Transaktionen über das Handy kann sich Giersig vor allem mit einem Anbieter anfreunden: „Wenn es um Handy-Bezahlsysteme geht, bin ich ein Fan von Blue Code.“ Dies begründet er damit, da jede Transaktion durch den Handybesitzer angestoßen wird, jeder Transaktionscode nur einmal verwendbar ist und so „ein Mitlauschen oder Abfangen praktisch unmöglich wird“. Ebenfalls empfiehlt Giersig Kreditkarten, die per Handy-App schnell ge- und entsperrt werden können. „Das ist optimal, denn da entsperre ich sie per Handy-App jeweils nur kurz für jeden Bezahlvorgang und kann mir sicher sein, dass selbst bei Verlust der Karte oder Ausspähen der Kartendaten niemand etwas mit ihr anfangen kann.“
Beim Bezahlen mittels NFC braucht es laut Giersig „weitere Schutzmaßnahmen“. Nur weil keine Betrugsfälle vorliegen, heißt das nicht, dass dies auch künftig so sein wird – derzeit gebe es schlicht „andere, lohnendere und leichtere Angriffsziele“. Den Bezahlvorgang bei Bitcoin sieht Giersig als sicher an, jedoch kann die anonyme Transaktionsform auch kriminelle Elemente anziehen. Das liege aber nicht per se an der Kryptowährung selbst, wie Giersig betont: „Das kann zum Bösen oder zum Guten verwendet werden, das liegt in der Hand der Menschen und nicht an der Technologie.“ Bei biometrischen Verifizierungssystemen wie etwa dem Bezahlen per Selfie oder Fingerabdruck muss man laut Giersig vor allem zwei Punkte beachten: Erstens sei dies die Fälschung des Merkmals selbst: „Fingerabdrücke beispielsweise können mit relativ geringem Aufwand nachgemacht werden“, so Giersig. Dem Sicherheitsexperten zufolge müsse ebenfalls in Sensoren investiert werden, die Schutz vor Manipulationen bieten: „Zum Zweiten muss aber auch der Datenweg vom Sensor zur Applikation gesichert sein.“ So können sich Trojaner über das Smartphone in die Kommunikation einhängen. Irrationale Ängste bei der Sicherheit können laut Giersig nur durch Aufklärung und Information gebrochen werden. Prinzipiell sieht der Sicherheitsexperte das Thema Transparenz als wichtig an: „Je transparenter man ein neues Produkt macht, desto sicherer fühlt sich nicht nur die Kundschaft, desto sicherer ist das Produkt auch.“
Neue Formen der Autorisierung
Bei der Verifizierung von Zahlungen kommen immer außergewöhnlichere Methoden auf den Markt, wie Autorisierung per Selfie oder Fingerabdruck beweisen. „Hier ist die Entwicklung in der Tat eine sehr rasante“, so Gruber von MasterCard. Die Kartengesellschaft kooperiert mit Nymi, das eine Autorisierung per Herzschlag ermöglicht. Das Wearable wird am Arm als Band getragen und muss für die Zahlung an den Terminal gehalten werden. In den USA arbeitet MasterCard in einem Programm bereits daran, jedes beliebige Konsumgut, etwa Ringe, Armbänder oder Autoschlüssel, zu einem Zahlungsgegenstand zu machen.
Parallel zur Debatte über neue Formen der Zahlungs-abwicklung findet – auch in Österreich – eine rege Diskussion über die Abschaffung des Bargelds statt. Diese Diskussion hält Gruber von MasterCard „für akademisch und nicht zielführend, insbesondere da sie in Österreich viel zu stark emotional besetzt ist“. In einer immer stärker vernetzten Welt, in der auch das Internet of Things eine wichtige Rolle beim Payment spielt, braucht es laut Gruber „technische Lösungen, die von den Menschen akzeptiert werden, weil sie Sicherheit, Zuverlässigkeit und Einfachheit kombinieren und in möglichst allen Lebenslagen funktionieren“. Jedoch kann sich Gruber vorstellen, dass Finanzdienstleistungen künftig stärker durch den Handel übernommen werden, so etwa die Bargeldausgabe an der Kassa im Supermarkt.
Und für Pirkner von Blue Code werden die Kosten für Bargeld letztendlich wieder auf den Kunden in den Preisen auf Produkte abgewälzt: „Bargeld bedeutet für den Handel und die Bankwirtschaft enorme Cash-Handling-Kosten. Diese Kosten spiegeln sich zwangsläufig in den Kosten der Produkte wider.“